Stabhochsprung in Oberhaugstett
Am Ende des Tages trat fast exakt das Szenario ein, das sich das Organisatoren-Team des TV Oberhaugstett
gewünscht hatte. Als sowohl Athletin, Trainer und das gesamte Publikum jubelnd die Arme in die Höhe riss, war
der 16 Jahre alte Platzrekord der Frauen auf dem Oberhaugstetter Sportplatz Geschichte. Wie erwartet war es
Anjuli Knäsche (LG Leinfelden-Echterdingen), die mit 4,45m höher sprang als jemals eine Frau zuvor in
Oberhaugstett.
Vor genau zwei Wochen kürte sich die Stabhochspringerin, die ihre Karriere 2019 eigentlich schon für beendet
erklärte, in Berlin erstmalig zur Deutschen Meisterin. Ihr Traum von den Heim-Europameisterschaft in München
führte sie dieses Jahr ein zweites Mal nach Oberhaugstett. Nachdem sie bereits das traditionelle Meeting
am Pfingstmontag für sich entscheiden konnte, kam die 29jährige mit einer klaren Mission in den Schwarzwald:
für einen Sieg bei dem kleinen Stabhochsprung-Meeting würde Knäsche wichtige 15 Punkte für das europäische
Ranking einfahren. Denn neben der direkten Qualifikationsnorm von 4,60m besteht die Möglichkeit, sich über
einen Platz in der europäischen Rangliste für die Kontinentalkämpfe Mitte August zu qualifizieren. Knäsche
befindet sich dort derzeitig auf Platz 34 und jeder Punkt und jede übersprungene Höhe kann am Ende des
Qualifikationsprocederes das entscheidende Zünglein an der Waage spielen. Bei schwierigen äußeren
Bedingungen stieg Knäsche bei exakt 4,00m mit einem blitzsauberen Sprung in die Konkurrenz ein. Leider
nahm der Seitenwind stark zu und das Springen mauserte sich zum reinsten Geduldsspiel. In perfekter
Abstimmung mit ihrem Trainer Stephan Munz wartete Knäsche den besten Moment ab und schwang sich Höhe
für Höhe nach oben. Spätestens nach einem blitzsauberen Sprung über 4,40m wusste ein jeder auf dem
Sportplatz, dass der Platzrekord von Carolin Hingst (4,42m) aus dem Jahre 2006 deutlich in Gefahr war. Unter
frenetischem Beifall sprang die Deutsche Meisterin anschließend im ersten Versuch über diese Höhe und konnte
wichtige Punkte für das europäische Ranking sammeln. Dreimal riss Knäsche danach hauchdünn 4,50m, zeigte
dabei aber dem gesamten Publikum ihr Potenzial für höhere Höhen auf. Mit einem Lachen konnte die Springerin
am Ende des Tages den Sportplatz verlassen. Die Mission der wichtigen 15 Punkte war erfüllt und gleichzeitig
konnte sie sich über einen kleinen Obulus für den Platzrekord von 4,45m freuen, den sich der TV Oberhaugstett
natürlich nicht nehmen ließ.
Eine der ersten Gratulantinnen war mit Carolin Hingst exakt jene Springerin, die bis zum Sonntagnachmittag mit
4,42m den Platzrekord gehalten hatte. Auch sie kehrte nach einer fast vierjährigen Pause dieses Jahr zurück in
den Wettkampfsport. Es war ihr erster Wettkampf mit Spikes – und die Olympiateilnehmerin von 2004 und 2008
zeigte, dass sie nichts verlernt hatte. Mit 3,80m konnte sie eine neue deutsche Bestleistung der Altersklasse W40
aufstellen und berichtete anschließend: „Das Feuer brennt wieder richtig. Das macht mir einfach Spaß!“ Die
Athletin des TG Nieder-Ingelheim sagte dem Organisatoren-Team gleich für das Stabhochsprung-Meeting im
kommenden Jahr, in dem der TV Oberhaugstett sein 100jähriges Jubiläum feiern wird, zu.
Wie nah Freud und Leid beisammen liegen, musste Bea Schultheiß von dem TSV Schott Mainz erfahren. Auch
sie reiste mit einem klaren Vorhaben erneut nach Oberhaugstett an. Die Qualifikationsnorm für die Deutschen
Meisterschaften der U23 sollte es sein. Der Oberhaugstetter Wettkampf stellte die letzte Möglichkeit hierfür dar.
Doch genau diese Höhe von 3,80m entpuppte sich für Schultheiß an jenem Tag etwas zu hoch. Nachdem sich die
erste Enttäuschung etwas gelegt hat, sicherte auch sie ihr Kommen für das nächste Jahr zu: „Na das ist sowas
von klar“ ließ die 22jährige verlauten und konnte dabei schon wieder etwas lächeln.
Auch das zweite, kleine Meeting konnte in Oberhaugstett somit wieder mit tollen Leistungen aufwarten und
unterstrich die Bedeutung des Standortes für die Stabhochsprungszene in Süddeutschland. Mit einem dicken
Strahlen verließ das gesamte Organisationsteam am Abend die Anlage und versprach, für das Jubiläumsjahr
2023 ein ganz besonderes, modernes Event am Pfingstwochenende zu präsentieren.